Warum Mut das wichtigste Design-Werkzeug ist

Ein starkes Stilmittel, das von Anfängern nie, von Profis fast immer genutzt wird, ist das Anschneiden von Bildern (engl.: Cropping). Mit dem Anschneiden lässt sich die Kernaussage eines Bildes stark verdichten. Manchmal ist auf diese Weise eine geradezu dramatische Bildwirkung möglich. Darum ist das Cropping eines der wichtigsten Design-Werkzeuge der Profis. Höchste Zeit also, selbst zum Bildprofi zu werden und dieses mächtige Stilmittel anzuwenden.
Es braucht dazu jedoch das wichtigste Design-Werkzeug: Mut. Denn wer etwas wirklich Neues gestalten will, beginnt nicht mit dem leeren Blatt. Wer etwas Neues gestalten will, lässt sich vom Bewährten leiten und setzt dann beherzt das Messer an. Schneidet ab, was nicht mehr zeitgemäß ist, was neuen Gedanken im Wege steht. Was nur noch behindert und nicht mehr nutzt. Das ist eine Kunst, die zu erlernen sich lohnt!

Bildgestaltung für Anfänger: Erster Versuch

Nehmen wir dieses Beispiel: Ein niedliches kleines Küken.
Wir können das Küken schön ordentlich mitten im Bild positionieren. So, wie es die meisten Menschen intuitiv tun.

Gestaltung? Fehlanzeige. (Abb. 1)

Ganz nett. Aber auch irgendwie flach. An diesem Küken sieht man sich schnell satt. Und wenn es noch so niedlich ist.

Bildgestaltung. Zweiter Versuch

Wir zoomen mal etwas näher heran, d.h. wir schneiden den überflüssigen Rand um das Küken herum weg.

Gestaltung? Immer noch Fehlanzeige (Abb. 2)

Nicht besser. Das Küken kommt uns zwar näher, wir nehmen Details wahr.
Nur dumm: Noch immer sagt unser Bild nicht viel mehr aus, als dass auf dem Bild ein Küken zu sehen ist. Eines mit ungewöhnlich langen Beinen, immerhin. Die kommen jetzt ein wenig besser zur Geltung. Das macht das Küken etwas interessanter. Es scheint mit seinen langen Beinen kein gewöhnliches Hühnerküken zu sein. Na gut. Ein wirkliches Interesse weckt es immer noch nicht. Woran liegt das?
Die Antwort: Wir haben das Bild bisher nur dokumentarisch genutzt. Wir können auf diese Weise eine Aussage im Text ergänzen, aber ihr keine eigene Aussage über die Sprache des Bildes hinzufügen.
Das ist ja auch in Ordnung so – wenn wir wir mit dem Bild wirklich nur etwas dokumentieren wollen. Wie Möwenbabys aussehen zum Beispiel.
Was aber, wenn wir kein ornithologisches Buch bebildern wollen?

Dann müssen wir mehr Mut beweisen und ihn als Design-Werkzeug einsetzen.

Etwas mehr Mut: Dritter Versuch

Probieren wir etwas herum, positionieren wir das Küken weiter links im Bild und verkleinern wir es wieder etwas.

Na endlich. Ein wenig Gestaltung ist zu erkennen! (Abb. 3)

Etwas besser. Jetzt kommt eine gewisse Dynamik ins Bild. Das Küken scheint aufmerksam ins Bild zu sehen. Das liegt daran, dass wir es gewohnt sind, Texte und dadurch auch Bilder von links nach rechts zu lesen. Die entstandene freie Fläche bietet jetzt Raum für Fantasie. Was sieht das Küken wohl? Wohin geht es?

Entschiedenheit zahlt sich aus: Vierter Versuch

Treiben wir es noch etwas weiter und verkleinern das Küken noch mehr.

Oh! Jetzt ist etwas mit dem Bild passiert! (Abb. 4)

Jetzt ist noch mehr Dynamik in das Bild hineingekommen. Die große weiße Fläche betont die Fragilität des Kükens. Aber auch einen gewissen trotzigen Lebensmut. Das Küken beginnt im besten Fall, uns zu berühren.
Noch ein Plus: Den entstandenen Freiraum könnten wir mit Text füllen.
So zum Beispiel:

Viel Aussage. Etwas kitschig. (Abb. 5)

Ein ganz neues Bild ist entstanden. Eines, wie es die Social-Media-Kanäle derzeit lieben, vor allem Instagram.
Aber Achtung: Die Schrift muss perfekt zu unserem Küken und zu unserer Aussage passen. Und darf, damit die Bildwirkung nicht verloren geht, nicht den ganzen Weißraum einnehmen. (Dazu in einem späteren Beitrag!)

Bildgestaltung für Profis: Fünfter Versuch

Und jetzt werden wir noch einmal richtig mutig: Wir vergrößern das süße kleine Küken so sehr, dass es gar nicht mehr süß ist, sondern nur noch stark:

Dieses Bild gefällt uns am besten! (Abb. 6)

Was meinen Sie?

Was gefällt Ihnen besser, das niedliche Küken aus Abbildung 4 oder die markanten Kükenfüße aus Abbildung 5? Wir freuen uns über Kommentare!

Fazit: Mut ist das wichtigste Design-Werkzeug!

Wenn Sie ein Profi werden wollen, wenden Sie diese Methode bei jedem (!) Bild an! Na ja, bei fast jedem! Nur den absoluten Könnern unter den Fotografen gelingt auf Anhieb der perfekte Bildaufbau. Illustratoren geht es etwas besser, sie schneiden ihre Motive schon im Kopf zu. Und die Arbeit des Designers besteht zu einem großen Teil aus dem Zuschneiden von Bildern.
Wenn Sie also mit Ihren Bildern etwas aussagen wollen, dann gestalten Sie!

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